Strafzölle auf chinesische PV-Module: Ein Boomerang mit Ansage

Von Sascha Röber. Die vergangenen zehn Jahre kannten die Hersteller von Photovoltaik-Modulen nur eine Richtung: nach oben. Die Welt gierte danach, immer mehr Produktionskapazitäten zur Gewinnung von Sonnenstrom auf Dächer und Äcker zu bringen. Das Know-How kam zu einem großen Teil aus Deutschland, wo die Industrie zum einen die Produktionsmaschinen erfand und baute und zum anderen auch die Produktion der Module selbst übernahm. Ab Mitte des letzten Jahrzehnts ging man dazu über, sein Know-How auch vor allem chinesischen Herstellern zugänglich zu machen. Das erhöhte die Kapazitäten und den Output.

Es folgte, was folgen musste: Einem stürmischen Aufbau folgte eine erste massive Korrektur. Als im ersten Halbjahr 2011 die Hersteller begannen, auf ihrer Produktion sitzenzubleiben, gingen die Modulpreise in den Keller. Innerhalb weniger Monate brachen die Modulpreise um über 40% ein. Kostete das Wp Anfang 2011 bei chinesischen Herstellern noch knapp 1 US$, lag der Preis im Q3 bereits bei unter 60 US-Cent. Auch im darauffolgenden Jahr gaben die Preise nochmals nach, wenn auch nicht mehr so deutlich. Heute zahlt man für chinesische multikristalline Module etwas über 50 US-Cent, für Module aus deutscher Produktion 15-25 Cent mehr. Die Preisunterschiede haben zahlreiche Gründe. Die Investitionsaufwendungen für Produktionskapazitäten sind in Deutschland höher, ebenfalls die Lohn(stück)kosten. Das Zinsniveau für deutsche Produzenten hingegen dürfte z.T. deutlich niedriger sein als das ihrer chinesischen Konkurrenten, denn die Zinssätze in China liegen deutlich über denen des Euro-Raums.

Deutsche Modulhersteller, einst hoch gelobt und zu einem großen Teil im ostdeutschen „Solar Valley“ angesiedelt, starben wie die Fliegen, weil sie bei diesem Preisniveau einfach nicht mehr in der Lage waren, wenigstens ihre Fixkosten zu decken. Hersteller wie z.B. Solon gerieten in den Sog der Pleiten. Entweder, weil sie auf ihren Produkten sitzenblieben, die Finanzierungskosten nicht mehr erwirtschafteten oder die massiven Abschreibungen auf Handeslbestände nicht mehr aufbringen konnten.

Die Regierung Merkel reagierte 2012 mit massiven Absenkungen der Einspeisetarife, indem das EEG innerhalb weniger Monate entsprechend geändert wurde. Das Ruder wurde dabei übertrieben stark herumgerissen. Hier rächte sich die Untätigkeit der Regierung in den Vorjahren: Wären die Einspeisevergütungen, wie von vielen Marktakteuren immer wieder in den Jahren zuvor gefordert, sukzessive in kleineren Schritten gesenkt worden, hätten sich Hersteller und Projektierer entsprechend darauf einrichten können. Nun aber stürzte die krasse Absenkung der Vergütungen nicht nur die Hersteller, sondern auch Projektierer in den Abgrund. Da bspw. Freiflächenanlagen mit einer Gesamtleistung von über 10 MWp plötzlich und ohne nachvollziehbare Begründung aus dem EEG-Vergütungsregime vollständig herausfielen, fielen auch Firmen um, die sich auf solare Großprojekte spezialisiert hatten (Bsp. Solarhybrid AG).

Anfang Juni wird also die EU-Kommission darüber entscheiden, ob auf chinesische Module Strafzölle zu zahlen sein werden – nach derzeitigem Kenntnisstand knapp 50% auf den Nettopreis. Damit werden sich polykristalline Komponenten auf einen Schlag auf ca. 75 US-Cent verteuern, was sie also in etwa auf ein Niveau mit Modulen aus europäischer Produktion macht. Toll, mögen da manche jubeln, dann haben sie also keinen Vorteil mehr gegenüber der heimischen Produktion. Das sichert Arbeitsplätze.

Schön wär’s. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus.

Die massiven Absenkungen der Einspeisevergütungen im Jahr 2012 führten dazu, dass an der Verwendung chinesischer Module überhaupt kein Weg mehr vorbeiführte. Die schon damals deutlich billigeren Komponenten waren erforderlich, um bei gegebenen Vergütungen und sonstigen Kosten für Modultische, Wechselrichter, Verkabelung usw. (sog. BOS-Kosten) Projekte realisieren zu können, für die sich noch Investoren fanden. Bei einer Renditeerwartung von 6-8% IRR konnten so noch größere Freiflächenanlagen gebaut werden, die auch einen Markt fanden. Die Modulkosten machen bei derzeitigen Preisen in etwa 40-45% der gesamten Kosten aus. Bleiben alle anderen Kosten gleich (wovon auszugehen ist) und ändern sich die Mindestrenditeanforderungen der Investoren nicht (wovon nicht auszugehen ist), sind PV-Projekte bei nun sogar monatlich fallenden Einspeisevergütungen folglich nicht mehr wirtschaftlich realisierbar. Projektierer, die sich rein auf den deutschen Markt spezialisiert haben, werden damit keine Geschäftsgrundlage mehr haben. Ein Ausweichen auf Module europäischer Hersteller ist nicht möglich, da diese die Kosten eines Projektes genau dorthin treiben würden, wohin sie die Strafzölle auf chinesische Module nun hieven werden.

Die massive Absenkung der PV-Vergütungen unter dem EEG wurden 2012 mit den stark gefallenen Modulpreisen begründet. Nun werden die Modulpreise starkt steigen, aber die Vergütung fällt jeden Monat weiter. Mit Strafzöllen ist also niemandem gedient. Die chinesischen Modulproduzenten sehen sich längst nach alternativen Märkten um, und vor allem im asiatisch-pazifischen Raum entstehen gerade gewaltige neue Märkte: Japan, Thailand, Malaysia. Europa wird aus deren Sicht überhaupt nicht mehr benötigt. Die Strafzölle werden den chinesischen Herstellern also mittelfristig wohl kaum schaden. Sie werden der chinesischen Regierung jedoch eine exzellente Vorlage für die Auferlegung von Zöllen auf Waren aus Europa bieten. Gerade Deutschland, dessen Export mit China in den vergangenen Jahren von einem Höchststand zum nächsten eilte, wird darunter ganz besonders leiden, während die deutschen Modulhersteller weiter in die Insolvenz gehen werden. Die Strafzölle werden sich also als ein Bommerang für Europa und ganz besonders für Deutschland herausstellen. Und Frank Asbeck, der mit seiner Initiative EU Pro Sun für die Strafzölle auf China-Module an vorderster Front kämpfte, wird seiner Firma Solarworld damit auch nicht aus der finanziellen Klemme helfen können, in der sich das Unternehmen bereits seit Monaten befindet.

Foto: pixelio.de – © Rainer Sturm

Der Eine-Billion-Bierdeckel des Peter Altmaier

Von Sascha Röber.

Eine äußerst spannende Woche geht zu Ende. Was ist nicht alles passiert…

Da orakelte beispielsweise Günther Oettinger, es werde noch Zeiten geben, da werde ein künftiger deutscher Kanzler noch auf Knien nach Ankara robben, um die Türkei zu bitten, in die EU zu kommen. Nun ja, dass es sich dabei um Angela Merkel handeln könnte, ist eher unwahrscheinlich, denn die ist ja, wie wir nun von Jürgen Trittin wissen, eine „Last-Minute-Kanzlerin“, und da kann es schon mal passieren, dass die zu spät kommt. Das kann nützlich sein, denn dann ist man vielleicht im entscheidenden Moment weit von Peer Steinbrück entfernt, den Rainer Brüderle als „diplomatische Neutronenbombe“ entlarvte und für diese Erkenntnis offenbar noch nicht einmal auf den zwischenzeitlich wieder eingestellten Peerblog zurückgreifen musste. Ach ja, und mittlerweile wurden auch Sägespäne in der Lasagne gefunden, die stammten wohl vom Schaukelpferd.

Alles Kinderkram. Denn seit dieser Woche haben wir endlich die Antwort auf die Frage, die das gesamte Land am meisten bewegt. Endlich wissen wir, wie viel uns Deutsche die Energiewende kosten wird: Eine Billion Euro! Ja. Das ist eine eins mit – oh, muss mal nachsehen – zwölf Nullen. 1.000.000.000.000. Oder tausend Milliarden. Ganz schön viel, so eine Billion. Aber woher weiß der Altmaier das eigentlich? Gute Frage. Genau das wollten die Journalisten der ZEIT auch wissen und fragten in seinem Ministerium nach. Doch auch seine Fachleute zuckten mit den Schultern. Aber nicht nur die: Auch die Frau, die in Deutschland wahrscheinlich am besten weiß, welche Umstände in eine solche Berechnung einfließen müssten – Claudia Kemfert -, nannte die Zahl „nicht nachvollziehbar“. Den Stuttgarter Nachrichten sagte sie: „Es ist verantwortungslos, solche Milliardensummen zu nennen, ohne zu erklären, ohne schlüssige Berechnungen vorzulegen und auf die positiven Effekte der Energiewende hinzuweisen.“

Wieso das denn? Nicht nachvollziehbar? Na, aber…! Beim FAZ-Interview hatte er dazu extra seinen Bierdeckel hervorgezogen, auf dem er am Abend vorher zusammen mit Philipp Rösler in seiner Berliner Butze über einem vollmundigen Roten und selbstgemachten Klößen mit Leberwurstfüllung die Rechnung penibel verzeichnet hatte. Ganz nach Friedrich Merz‘ Vorbild mit der Steuererklärung.

Altmaiers Eine-Billion-Euro-Bierdeckel

Altmaiers Eine-Billion-Euro-Bierdeckel

Also.

Da wären mal die 680 Mrd. € für die Einspeisevergütungen, die bis 2022 bereits gemacht seien. Bei gleichbleibendem Strompreis von 4,5 Cent/kWh. Hinzu kämen noch „die Kosten für den Netzausbau, für die Sicherstellung der Reservekapazitäten, für Forschung und Entwicklung, bis hin zur Elektromobilität und energetischen Gebäudesanierung“.

Bei gleichbleibendem Strompreis? Altmaier hatte vorsorglich noch hinzugefügt: „Würde der Börsenstrompreis weiter sinken, würde es noch teurer“ und zielte damit auf den Wälzmechanismus des EEGs ab, der die EEG-Umlage steigen lässt, wenn bei gegebenem Vergütungsregime die Börsenpreise sinken. Einverstanden soweit. Aber: Sein Ausgangspunkt ist ja angeblich der Preis, den Otto Normalverbraucher für jede Kilowattstunde Strom bezahlen muss. Deshalb hat er das ɶuvre auf seinem Bierdeckel ja auch listiger Weise „Strompreisbremse“ genannt. Nun: Die Erneuerbaren nutzen kostenlose Sonne und kostenlosen Wind. Konstante Kosten des Inputs also Null. Anders sieht es bei den fossilen Brennstoffen aus. Nehmen wir zum Beispiel Öl. Ein Fass Brent kostete 2000, dem Jahr, als das EEG verabschiedet wurde, 35,50 $. Im Jahr 2012 kostete dieselbe Menge bereits über 128 $, also mehr als das 3,6-fache |Quelle|. Oder Steinkohle: Im Jahr 2000 waren es 42 € pro Tonne SKE (Steinkohleeinheit), im 1. Quartal 2012 bereits 100 € |Quelle|. Im selben Zeitraum blieb der Preis für Wind und Sonne konstant: Null. Während Öl und Gas aus politisch unsicheren Ländern importiert werden musste, gab es Wind und Sonne direkt aus deutschen Landen. Wie wahrscheinlich ist es also, dass die Strompreise gleich bleiben werden, Peter Altmaier?

Weiter geht’s. Die Kosten für den Netzausbau. Über welche Summe sprechen wir überhaupt, Herr Altmaier? Klar: Strom muss transportiert werden, und zwar bis zur Steckdose. Dafür braucht man Stromleitungen und, solange wir Wechselstrom nutzen, Umspannwerke. In der bisherigen Energielandschaft war das so aufgebaut: Wenige atomar oder fossil betriebene Großkraftwerke produzierten riseige Mengen Strom. Diese wurden dann über weite Strecken dorthin transportiert, wo der Strom gebraucht wurde. Das erforderte einerseits zahlreiche Hochvolt-Stromtrassen und andererseits, dass die Netze dicht miteinander verknüpft waren. Nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch darüber hinaus. Und weil das so war, konnte im November 2006 die Ausschiffung des Kreuzfahrtschiffs Norwegian Pearl aus der Meyer Werft in Papenburg auch dazu führen, dass Teile von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien – also bis zu 10 Millionen Haushalte und unzählige Fabriken – für ca. 2 Stunden überhaupt keinen Strom mehr hatten |Quelle|. Weil E.On, Vattenfall, EnBW und RWE strategisch und technisch auf Großstrukturen ausgerichtet sind, können sie sich im Bereich der Erneuerbaren auch nur in diesen Strukturen bewegen. Daher lassen sie auf hoher See Offshore-Windparks bauen. Also: Bündelung der einzelnen Offshore-Windanlagen zu Großkraftwerks-Strukturen mit ensprechend viel Nennleistung. Aber die Fische in der Nordsee brauchen gar keinen Strom. Und Hamburg, Bremerhaven und Bremen haben schon genug regenartiven Strom von den Windrädern in den Küstenregionen. Also: Damit der Windstrom von Ost- und Nordsee ins Rhein-Main-Gebiet, zu Daimler und BMW in Baden-Württemberg und Bayern kommt, muss er durch riesige Stromleitungen über hunderte von Kilometern transportiert werden. Und weil die bereits vom Strom der bestehenden Großanlagen belegt sind, müssen neue Leitungen her. Die kosten sehr viel Geld und erhöhen die sogenannten Leitungsentgelte, die über die Stromrechnung Otto Normalverbraucher zahlt. Und damit nicht genug: Weil die Offshore-Anlagen gebaut werden, obwohl die Infrastruktur zu deren Anbindung an Land noch gar nicht existiert, werden den Betreibern – zusätzlich zu den höchsten Einspeisetarifen, die das EEG überhaupt hergibt – auch noch eine sog. Offshore-Haftungsumlage in Höhe von bis zu 0,25 Cent/kWh gezahlt. Natürlich, Sie ahnen es: ebenfalls von Otto Normalverbraucher. Stellen Sie sich einmal vor: Sie bauen eine Fabrik in die Mitte von Nirgendwo. Weit und breit keine Infrastruktur. Ihre Produkte werden auch am Fabrikstandort nicht gebraucht, dort gibt es keine Kunden, denn die sind tausend Kilometer entfernt. Es gibt keine Autobahn in der Nähe. Und weil das so ist, bekommen Sie bis zu dem Tag, an dem die Autobahn an Ihrer Fabrik vorbeiführt, Ihre Produkte trotzdem bezahlt. Toll, oder? Die Energiewende geht anders. Sie demokratisiert und dezentralisiert die Stromerzeugung. Sie führt dazu, dass sie flächendeckend geschieht, eben nicht mehr mit zentrlalistischen Großkraftwerken. Sondern da, wo der Strom benötigt wird. Auf dem Hausdach, dem Feld, auf dem Berg – mit PV-Anlagen und Windenergieanlagen. Onshore, da, wo Menschen wohnen und arbeiten. Die Kosten des Netzausbaus könnten also, wenn man Offshore ad acta legte, also einmotten. Und dass von den Großen Vier in die Netzinfrastruktur jahrzehntelang nicht investiert wurde, kann man der Energiewende nicht ernsthaft anlasten. Also: Auch wenn Sie gar nicht wissen, wie hoch die Kosten des Netzausbaus überhaupt in den komenden Jahren sein werden: Die können Sie schon mal ruhig wieder vom Bierdeckel streichen!

Ah, nun die Sicherstellung der Reservekapazitäten. Hmmm, auch hier findet sich auf dem Bierdeckel keine Zahl. Na ja, aber Hauptsache, am Ende steht die Billion… Gegebenenfalls hat jemand schon mal genau ausgerechnet, welche Reservekapazitäten überhaupt bereitgestellt werden müssen. Aber warum benötigen wir die denn überhaupt? Ah so, Sonne scheint nur tagsüber. Wenn überhaupt. Richtig. Und Wind weht ja auch nur im Herbst und Frühling. Und in der Zwischenzeit braucht das Land ja trotzdem Strom. Die Reservekapazitäten sollen vorgehalten werden, um sog. Spitzenlasten abdecken zu können – also jene Momente, in denen mehr Strom benötigt als gerade erzeugt wird – das sog. peak shaving. Auch hier fehlt eine Zahl auf dem Bierdeckel. Und welche hätte Peter Altmaier auch schon draufschreiben sollen? Sie ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig. Zum Beispiel davon, ob es sich um neue oder alte Kraftwerke handelt. Neue sind zwar sauberer (gut für die CO2-Bilanz), alte aber viel billiger, weil meist schon abgeschrieben. Und auch natürlich davon, ob man gleich die gesamte Reservekapazität eines solchen Kraftwerks vom ersten Tag an vergütet (wie es sich die Big Four erträumen) oder aber, was viel smarter wäre, die tatsächlich gelieferte kWh einfach viel höher zu vergüten als alle anderen Kilowattstunden im Netz. Da solche Kraftwerke im Bedarfsfall schnell hochgefahren werden müssen, können es sinnvoller Weise nur Gaskraftwerke sein. Aber die gibt’s ja auch schon in klein. Jedes KWK-Anlage im Keller eines Mehrfamilienhauses ist letztlich eine Art Gaskraftwerk, das Strom produziert. Davon gibt es schon sehr viele. Diese werden schon gefördert, sind auch klein dimensionierbar und haben Wirkungsgrade von bis zu 90%. Wenn man also Energiewende-Politik betreibt, die das Prinzip der Dezentralität der Stromerzeugung in den Mittelpunkt stellt, kann man mit sehr überschaubar dimensionierten KWK-Anlagen und Blockheizkraftwerken (BHKW) kostengünstig und effektiv das peak shaving beherrschen. So, Herr Altmaier, welche Zahl schreiben Sie also auf Ihren Bierdeckel?

Und jetzt noch der ganze Rest: F&E, E-Mobilität und Gebäudesanierung. Forschung und Entwicklung: Ja, sollten wir uns in der Tat einiges kosten lassen. Schon alleine deshalb, weil eine höhere Effizienz der Stromerzeugung immer auch zu Kostensenkungen führt. Und die stellen sich, wenn man die richtigen Instrumente und Anreize wählt, bereits innerhalb des Altmaier’schen Betrachtungszeitraums (bis Ende der 30er Jahre, also noch 18 Jahre) vollständig ein. Also: Die Zahl auf dem Bierdeckel zur Position F&E wäre richtigerweise allerhöchstens Null. E-Mobilität: Ja, die kam natürlich mit dem Thema Energiewende auf. Aber sie ist eigentlich nur eine mögliche Folge einer erfolgreichen Energiewende. Es wäre ja wenig sinnvoll, alle Autos auf Strom umstellen zu wollen, wenn dieser wie bisher vor allem aus fossilen Materialien gewonnen würde. Dieses Thema ist letztlich ein Unterthema der F&E und könnte im Rahmen der sog. smart grids, also der intelligenten Stromnetze, einen großen Teil dazu beitragen, zur Abdeckung von Spitzenlasten die eigenen Akkus zur Vergügung zu stellen. Das würde die Kosten für die schon oben behandelten Reservekapazitäten weiter verringern helfen. Also auch hier ist die richtige Zahl auf dem Bierdeckel eine Null. Höchstens. Und dann noch die Gebäudesanierung.

Ja, Herr Altmaier, da sprechen Sie ein sehr wichtiges Thema an. Und das wird auch einen massiven Einfluss auf das Gelingen der Energiewende haben. Zweifelsohne. Und dass das Geld kosten wird, steht auch völlig außer Frage. Aber wenn ich mir Ihren Bierdeckel ansehe, kann ich auch da keine Zahl erkennen. Vielleicht liegt es daran, dass die im September letzten Jahres verabschiedete EU-Energieeffizienz-Richtlinie bis heute nicht in nationales Recht umgesetzt ist? Und dass es dafür auch noch keinen verbindlichen Zeitplan seitens der Regierung gibt, der Sie angehören? Wie also wollen Sie diese Kosten eigentlich quantifizieren? Deutschland könnte sehr vom japanischen Top-Runner-Programm lernen. Es fördert die Energieeffizienz beim Gerätegebrauch, indem es die schlimmsten Stromschlucker ins Visier nimmt und sanktioniert. Der Regierung ist dieses Programm seit Jahren wohlbekannt. Hätten Sie ein solches mittlerweile aufgelegt, hätte das nicht nur massiv weniger CO2-Ausstoß zur Folge – es wäre für den Staat auch fast für lau zu kriegen.

Die dilettantische Kostenrechnung zur Energiewende könnte man einem Juristen aus dem Saarland, der in der Küche seiner Berliner Wohnung zusammen mit einem Arbeitskollegen aus dem Medizinbereich bei Abendessen und Bierchen den Bleistift zückt, durchaus nachsehen. Und weil Zahlen jenseits der Million auch für einen Durchschnittsjuristen und -arzt kaum noch greifbar sind, würde es auch nichts ausmachen, wenn ganz unten auf dem Bierdeckel dann eine Eins mit zwölf Nullen herauskäme. Aber den Ministern für Umwelt, Technologie und Reaktorsicherheit und Wirtschaft darf das einfach nicht passieren. Es darf nicht sein, dass ausschließlich die Kosten addiert werden, die in ihrer Höhe auch zur Zeit nicht seriös zu quantifizieren sind, ohne alle damit verbundenen Gegeneffekte (vom sinkenden Kosten für Energieimporte hin zur völligen Vermeidung von Energieverbrauch) zu berücksichtigen. Und für die Berechnung der hohen externen Kosten, die ja bislang immer sozialisiert werden (die durch Banken herbeigeführte Weltwirtschaftskrise vor fünf Jahren lässt grüßen) und bei der Kostenberechnung für fossile Energieträger systematisch ausgeklammert werden, können sich die beiden ja mal Nachhilfe von ein paar Volkswirtschaftlern holen. Vorausgesetzt, sie wollen das überhaupt…

Nachtrag (13.03.2013): In einer Studie wurde Altmaiers „Billion“ übrigens mittlerweile selbstverständlich überprüft und wiederlegt.

Foto: © Sascha Röber

Rösler und Altmaier in Feindschaft perfide vereint

Ende der Energiewende

Rösler und Altmaier: Ende der Energiewende

Von Sascha Röber.

Es ist wohl kein Geheimnis, dass Philipp Rösler und Peter Altmaier, Wirtschafts- bzw. Umweltminister der schwarz-gelben Regierung, niemals Freunde waren und auch nie sein werden, auch wenn Altmaier beim Amtsantritt mit Blick auf Rösler sagte: „Wir haben regierungsamtlich beschlossen, uns zu mögen“. [Quelle] Peter Altmaier hat die Intimfeindschaft des Bundeswirtschaftsministers sozusagen von seinem Vorgänger Norbert Röttgen geerbt. Diese liegt insbesondere darin begründet, dass Rösler nicht akzeptieren will, dass das Umweltressort beim Thema Energie mitreden will. In den vergangenen Monaten haben sich die beiden immer wieder damit hervorgetan, mit unabgestimmten Vorschlägen zur radikalen Änderung oder Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an die Öffentlichkeit zu treten. Nicht selten haben sie sich dabei widersprochen, und regelmäßig war ihnen anzusehen, dass sie voneinander nicht viel hielten.

Vorvergangene Woche war es wieder einmal so weit: Altmaier preschte mit einem Konzept zu einer sog. „Strompreisbremse“ vor (Artikel), das sich bei genauerem Hinsehen jedoch als dreiste Mogelpackung herausstellte und besser Energiewendebremse hätte heißen sollen und das auf Twitter mit dem Hashtag #Strompreislüge versehen wurde. Darin schlug Altmaier insbesondere vor,

  • EE-Bestandsanlagen mit einem „Energie-Soli“ zu belegen (vulgo: Die einstmals gesetzlich festgesetzten garantierten Einspeisevergütungen pro kWh sollten im nachhinein verringert werden);
  • Strom aus neuen EE-Anlagen erst dann zu vergüten, wenn das EEG-Ausgleichskonto wieder einen Mindestsaldo erreicht habe (und somit Investoren und Finanzierer im unklaren darüber zu lassen, ab wann Zins und Tilgung erwirtschaftet werden können); sowie
  • die Ausnahmeregelungen für die „stromintensive Industrie“ zu begrenzen (der einzig wirklich wirksame und richtige Vorschlag im gesamten Konzept).

Rösler, völlig überrumpelt, gab sich vor der Presse konziliant. Um sich das Heft des Handelns nicht vollständig aus der Hand reißen zu lassen, schob er wenige Tage später noch einige „Ergänzungen“ zu Altmaiers Papier hinterher. Herausgekommen ist nun ein Gemeinschaftswerk, das nach wie vor eindeutig Altmaiers Handschrift trägt und von der Website des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) heruntergeladen werden kann |LINK|. Darin finden sich folgende Vorschläge:

  • Statt, wie zunächst gefordert, die anfängliche Vergütung des sauber produzierten Stroms vom Stand des EEG-Umlagekontos abhängig zu machen, soll die Vergütung für Neuanlagen „in den ersten fünf Monaten ab ihrer Inbetriebnahme auf den Marktwert des Stroms reduziert“ werden. Damit wurde zumindest schon einmal der Zeitraum eingegrenzt, in dem sich die Betreiber neuer Anlagen in völliger Unsicherheit befinden würden (Photovoltaikanlagen sollen übrigens nicht unter diese Regelung fallen.) Was bei dieser Variante besonders perfide ist: Es ist der saubere Strom der Erneuerbaren, der seit geraumer Zeit und in immer größerem Ausmaß dazu führt, dass Strom an der Leipziger EEX teilweise überhaupt nichts mehr kostet! Und nun sollen also genau jene dafür büßen, die den Strom eigentlich massiv verbilligen! Schon heute machen sich die Großverbraucher mit direktem Zugang zur Strompreisbörse mit den niedrigen Strompreisen die Taschen voll. Ihnen sollen nun mit diesem Mechanismus offensichtlich zusätzliche Geschenke gemacht werden!
  • Nach Ablauf dieser Fünf-Monats-Periode sollen dann Onshore-Windkraftwerke künftig mit 8 Cent / kWh auskommen. Das ist prinzipiell auch an vielen Standorten sicherlich möglich. Allerdings klebt das Konzept damit weiterhin am Teuermacher des EEGs, nämlich der Offshore-Windkraft, und lässt diese völlig aus der Betrachtung heraus. Die wird in dem Konzeptpapier überhaupt nicht erwähnt. Aber genau sie ist ein besonders gewichtiger Faktor bei der Verteuerung der Stromrechnung. Nicht nur, weil sie mit 15 Cent / kWh die am höchsten geförderte Variante der Erneuerbaren darstellt und dieser Vergütungssatz auch für Neuanlagen bis 2018 derselbe bleibt. Damit erhöht sie massiv den Differenzbetrag zwischen EEG-Vergütung und Börsenpreis und trägt maßgeblich zur Erhöhung der EEG-Umlage bei. Doch damit nicht genug: Der Strom wird auf hoher See produziert. Benötigt wird er allerdings in Ballungszentren in der Mitte der Republik sowie in den industriell starken Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Dadurch werden teure neue Stromtrassen erforderlich, welche wiederum Zusatzkosten mit sich bringen und den Strompreis künftig weiter erhöhen werden. Und: Das Risiko des Netzanschlusses eines neuen Windparks trägt seit Ende des letzten Jahres ebenfalls der Stromkunde. Denn ein Offshore-Windpark bekommt auch Vergütungen, wenn er überhaupt keinen Strom produziert, solange die Verbindung zwischen den Windmühlen und den Stromeinspeisepunkten an Land besteht. Das ist ungefähr so, als würde ein Unternehmer seine Firma in die Pampa bauen, und weil er seine Produkte mangels Straßenanbindung nicht transportieren kann, bekommt er dafür Entschädigung…

Wenigstens ist dem Konzept eines nicht abhanden gekommen: Branchen, die nicht im intensiven internationalen Wettbewerb stehen, sollen also künftig wieder EEG-Umlage bezahlen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die genauen Regelungen hierzu gestalten werden. Zuletzt hatten sich über 2.000 Unternehmen von der EEG-Umlage befreien lassen, nachdem die ursprüngliche Idee der Befreiung für stromintensive Betriebe, die im harten globalen Wettbewerb stehen, nach Gutdünken ausgelegt werden konnte und sich Verkehrsbetriebe, Bundesbehörden, Großbäckereien und Golfplätze ebenfalls auf die Liste hatten setzen lassen. Nur: Wo bleibt hier die rückwirkende Maßnahme? Jeder Betreiber einer kleinen Solaranlage soll nach den Vorstellungen Altmaiers und Röslers mit einem „Energie-Soli“ in Höhe von 1,5% seiner vormals garantierten Einspeisevergütung zur Kasse gebeten werden. Betriebe, die sich EEG-Umlagekosten in Milliardenhöhe gespart haben, können diese Vorteile behalten.

Solidarität geht anders. Aber das ist ja auch gar nicht der Ansatz der beiden Minister. Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür, und weil insbesondere Industrie und Regierung die „Strompreisexplosion“ herbeigeredet haben, müssen sie zusehen, wie sie die Büchse der Pandora wieder einigermaßen geschlossen bekommen. Das Konzeptpapier rechnet mit Einsparungen in Höhe von 1,86 Mrd. €, und die EEG-Umlage, die seit 1. Januar 2013 bei 5,28 Cent je kWh liegt, soll damit wirksam bis 2014 eingefroren werden. Das darf bezweifelt werden. Schließlich kann niemand vorhersagen, wie sich die Neuinstallationen bei Wind- und Biomassekraftwerken in den kommenden beiden Jahren entwickeln werden. Genau hieraus wird sich in Kombination mit den Börsenpreisen aber der Wälzbetrag des EEGs errechnen. Sollten die Erneuerbaren also weiterhin erfolgreich den Strompreis an der Börse auf den Nullpunkt oder gar ins Minus drücken, wird die Politik wieder hinterhereilen und weiter hilflosen Aktionismus entwickeln.

Die Maßnahmen taugen nichts. Sie sind Augenwischerei und sollen eine wirksame Kostenbegrenzung vorgaukeln, die so nicht eintreten wird. Stattdessen wird durch die Durchbrechung des Rückwirkungsverbots für Altanlagenbetreiber die Politikverdrossenheit steigen, und das Vertrauen in einen sicheren Investitionsstandort Deutschland wird massiv leiden.

Altmaier und Rösler erweisen der Energiewende, dem Land und der Politik einen Bärendienst. Bleibt nur zu hoffen, dass das Papier nicht umgesetzt wird und an den Bundesländern scheitert. Eine neue Bundesregierung wird sich mehr anstrengen müssen, um wirksame Konzepte zu implementieren, und die EE-Wirtschaft muss bis Ende des Jahres endlich mit brauchbaren Vorschlägen zeigen, wie die Erneuerbaren nicht selbst zur größten Bedrohung des Erfolgs der Energiewende werden.

Foto: © Gewoldi – fotolia.com / eigene Adaption

Video

FOX NEWS erklären Deutschland zum Sonnenparadies

Von Sascha Röber.

Die vergangene Woche war einmal wieder recht bemerkenswert. Nicht in derselben Art bemerkenswert wie die Woche davor, als vor allem Peter Altmaier mit seinen unausgegorenen Vorschlägen zur Strompreisbegrenzung eine hitzige Debatte entfacht hatte. Denn die letzte Woche könnte am besten damit beschreiben, dass ich mit offenem Mund ein Video ansah, auf das ich über einen Tweet von @EnergiewendeGER aufmerksam gemacht wurde. Es wurde mit den Worten „Fox News: Solar power only works in Germany because Germany is a tropical paradise (…)“ begleitet und bezog sich auf einen Artikel im US-Blog grist, das den Klimawandel sehr kritisch begleitet.

Aha! Deutschland ein tropisches Paradies? Nun ja, der Klimawandel hat Deutschland in den vergangenen 20 Jahren bereits öfter in eine Region mit teils tropischen Wetterverhältnissen verwandelt. Aber konnte das damit gemeint sein?

Natürlich: FOX News sind, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, immer mit großer Vorsicht zu genießen. Der in den gesamten USA zu emfpangende Sender FOX gehört zur News Corp-Gruppe und somit Rupert Murdoch. Hätte die BILD-Zeitung einen eigenen Fernsehkanal, wären die darüber verbreiteten BILD News sicherlich den FOX News sehr ähnlich: Reißerisch aufgemacht, äußerst tendenziös, (seeeehr) rechts-konservativ, und mit der Wahrheit nimmt man es dort auch nicht immer so fürchterlich ernst. Aber damit nicht genug: Man lässt nicht nur gerne einmal dreizehn gerade sein, wenn es dem politischen Weltbild dient, sondern offensichtlich ist man sich auch nicht zu schade, aus sogenannten „Fakten“ die abenteuerlichsten Schlüsse zu ziehen. Es ist ja auch einfach: Deutschland ist dem Fox-News-Zielpublikum vermutlich größtenteils ferner als der Mond. Und da muss Deutschland schon mal als tropisches Paradies herhalten.

Aber worum geht es darin eigentlich? In dem dreieinhalbminütigen Beitrag wird zunächst des Senders Intimfeind Präsident Barack Obama in kurz aneinandergereihten Nachrichtensequenzen gezeigt, wie er bspw. die Verdoppelung der Investitionen in saubere (sprich: regenerative) Energien fordert und feststellt, dass diese immer billiger werden. Die darauf folgenden beiden Nachrichtenmoderatoren jedoch behaupten mit fast betroffen wirkender Miene, dass die Zukunft der erneuerbaren Energien trübe aussähe und das, obwohl Brack Obama so viele Milliarden in diese Industrie gepumpt habe. Der Aufmacher: Die Subventionen für die Erneuerbaren trockneten aus, und weil diese Industrie auf diese Mittel angewiesen sei, sei ihr Niedergang unausweichlich. Um das zu veranschaulichen, wird Kollegin Shibani Joshi als vermeintliche Expertin interviewt, die erklären soll, warum die Erneuerbaren – allen voran die Solarindustrie – nun dem unausweichlichen Untergang geweiht sei. Laut ihren eigenen Nachforschungen, so Joshi, sei nur 1/10 eines Prozents (also ein Promill) des US-Stroms aus solarer Energie erzeugt – und das, obwohl viele Milliarden in diese Industrie geflossen seien. Der Output stehe als0 in keinem Verhältnis zum Aufwand – eine Argumentation, die uns hierzulande durch ständige Wiederholungen unseres Bundeswirtschaftsministers Rösler bestens bekannt ist. Um dies zu illustrieren, werden im Beitrag als nächstes die Namen verschiedener Solarfirmen eingeblendet, die vor kurzem pleitegegangen sind. Die kurze Liste reicht von sehr prominenten Pleiten wie Solyndra (USD 535 Mio. an Subventionen erhalten) und endet bei Spectra Watt (mit einer halben Million Dollar). Während Joshi im nächsten Nebensatz kurz zugesteht, dass auch die Öl- und Atomindustrie Subventionen erhalten haben, – ohne natürlich die horrenden Summen dabei zu nennen, – habe die Solarindustrie nie beweisen können, dass sie auf eigenen Füßen stehen könne. Statt sich weiterhin auf die Solarindustrie zu konzentrieren, solle man doch viel besser „Nat Gas“ (Erdgas) in den Fokus rücken – die „Fracking“-Diskussion lässt grüßen. Das reiche für hunderte von Jahren und schaffe Arbeitsplätze. Plötzlich stellt der alte Herr in der Dreierrunde die Frage, wie es denn Deutschland geschafft habe, die Solarenergie so effektiv und günstig zu nutzen und sagt, „it’s working out great for them“ (bei denen funktioniert das toll).

Und dann Shibani Joshis Antwort: „Das ist ein kleineres Land und die haben dort einen Haufen Sonne. Sie haben viel mehr Sonne als wir. (…) Für Kalifornien ist das [Solarenergie] eine tolle Lösung, aber hier an der Ostküste wird das einfach nicht funktionieren.“ Wie bitte? Joshi ist eine sehr seriös wirkende Dame. Sie wirkt fachkundig, gebildet und von dem, was sie sagt, scheint sie auch voll überzeugt zu sein. Was auch immer sie dazu bewegt haben mag, solch einen Blödsinn von sich zu geben: Auf Fakten beruhen diese Aussagen ganz sicherlich nicht.

FAKTENCHECK

Shibani Sona Joshi

Jahrgang 1975, ist ein Medien-Vollprofi. Laut wikipedia.com, wo nachzulesen ist, dass sie vor allem dafür bekannt sei zu behaupten, Deutschland bekomme viel mehr Sonne als die USA ab, hat vor ihrem Job bei Fox für die Nachrichtenagentur Reuters sowie für die Times of India gearbeitet. Sie hat ein MBA der Harvard Business School und hat auch sonst diverse akademische Ausbildungen genossen. Ihr Mann ist Rahul Advani, ein Direktor der Firma Energy Capital Partners, eine Private-Equity-Boutique mit dem Investitionsschwerpunkt im Bereich Energie. Es gibt zwar ein paar Investitionen im Bereich der Erneuerbaren, die meisten Investitionen – soweit auf der Firmen-Website ersichtlich – wurden bislang jedoch im Bereich der fossilen Energien gemacht. Ganz weit vorne: Ölsand und… ja: Erdgas! Na, wenn das kein „Fracking“-Zufall ist…!

Solarstrahlung USA : Deutschland

Der Tweet, der mich auf diese Geschichte aufmerksam gemacht hatte, verwies auf den satirischen Beitrag des US-Blogs grist. Autor Jess Zimmerman, der sich über den von Joshi verbreiteten Nonsens satirisch amüsierte, hatte zur Untermauerung seiner Gegenthese eine Übersicht der Sonneneinstrahlung in den USA, Spanien und Deutschland in seinen Beitrag eingearbeitet. Weil sie schlecht zu lesen ist, habe ich sie mir beim National Renewable Energy Laboratory, einer Behörde des US-Energieministeriums, noch einmal besorgt. Wer sie sich ansieht, erkennt – wenig überraschend – auf einen Blick, dass die USA in fast sämtlichen ihrer Regionen zum Teil massiv höhere Einstrahlungswerte aufweisen als Deutschland. Nur Alaska hat zum Teil etwas weniger Sonne als wir…

Et voilà (bitte auf das Bild klicken):

PV Map US - Germany - Spain (by NREL)

Zur guten Letzt:

Solyndra: In der Tat hat die 2011 insolvent gegangene kalifornische Firma 535 Mio. $ an Staatsgarantien erhalten, und zwar aus einem Programm, das 2005 – unter Barack Obamas Vorgänger George W. Bush – verabschiedet worden war. Die Garantiesumme für Solyndra stellt dabei einen Bruchteil von 1,3% dar.

So sind diese wenigen Minuten, die dieser Beitrag in den Fox News dauerte, ein weiteres Beispiel dafür, mit welch hanebüchenen Unwahrheiten und Märchen Big Oil & Co. die Tatsachen verdrehen, verschweigen oder verleugnen. Das ist in den USA nicht anders als hierzulande.

Windkraftanlagen: Immer größere Nennleistung sinnvoll?

In einem Artikel heißt es auf „Wirtschaftswoche green“, dass supraleitende Generatoren noch viel größere Windkraftanlagen mit Nennleistungen von über 10 MW möglich machen sollen. Das soll der Windkraftbranche zu einem „Wachstumsschub“ verhelfen.

Es bleibt fraglich, wem die Erhöhung der Nennleistung von WEA über das derzeitige Maß hinaus denn überhaupt nützt. Bei starkem Wind, der auf See nicht selten ist, wird bei wachsender Nennleistung der Generatoren immer mehr Strom zur selben Zeit in die Netze gepresst. Nun krankt die Offshore-Windenergie ja ohnehin an zwei Hauptproblemen. Erstens: Die Verbindung der Anlagen auf See mit den Netzeinspeisepunkten an Land. Zweitens: Der Tatsache, dass Offshore-Windenergie Strom dort produziert, wo sie am wenigsten gebraucht wird: im bevölkerungs- und industriearmen Norden der Republik.

Statt immer leistungsstärkere Generatoren zu bauen, führt der richtige Weg doch vielmehr über höhere Türme und größere Rotordurchmesser bei gleichbleibender oder gar sinkender Nennleistung der Generatoren. Das Problem der nicht vollständig stetigen Windenergie ist vor allem, dass sie nicht immer und nicht immer mit derselben Stärke überall vorhanden ist, sondern nach Region und Jahreszeit sowie Wetterlage fluktuiert. Mit höheren Türmen und größeren Rotordurchmessern kann vor allem eine höhere Zahl an Vollaststunden generiert werden. Das bedeutet, dass insgesamt viel gleichmäßiger sauberer Strom ins Netz gespeist wird. Eine Verstetigung der Einspeisung führt unter anderem zu viel niedrigeren Netzmodernisierungskosten. Und es gibt Untersuchungen, welche aufzeigen, dass es auch durchaus ein widerlegbares Paradigma ist, dass der Wind auf See stetiger weht als übers Land verteilt (http://100-prozent-erneuerbar.de/wp-content/uploads/2013/01/Report-Windpotenzial-im-raeumlichen-Vergleich.pdf).

Also: Besser sind dezentral über das Land verteilte Windkraftanlagen mit Nennleistungen auf heutigem Niveau, höheren Türmen und größeren Rotordruchmessern. Dann wird das auch viel schneller was mit der Energiewende. Sie wird viel günstiger, weil wir uns einen Großteil des Netzausbaus dann sparen können.

 

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